Konzipieren

Wenn es etwas gibt, dass mich beherrscht, dann der Antrieb, Leid zu verhindern und Glück zu vermehren. Nichts mehr betrübt mich, als "des anderen Leid".

Reflektiere ich die mich umschliessende Welt, treffe ich überall auf das "Gesetz der Gegensätze".

Geht es dem einem gut, geht es dem anderen schlecht. Ohne Luft kein Leben, ohne Wasser kein Leben, ohne Sonne kein Leben und ohne Nahrung erst recht keins.

Diese "Abhängigkeiten" treiben uns ohne Umweg vom "Leben" ins "Überleben".

Auf dieser Welt scheint es aufgrund dessen keine Existenzgrundlage für das zu geben, was mir am allerwichtigsten ist. Unschuld. Und dennoch ist sie es, die mich am Leben hält. Nicht, die Hoffnung, sie in "Anderem" zu finden, auch nicht die Luft, die ich atme oder das Wasser, welches ich trinke, sondern die Gewissheit, diese Unschuld ständig in mir zu spüren.

Schaue ich mir die "Wunder der Welt" an, einen Sonnenuntergang, einen Regenbogen, die Tierwelt, einen prächtigen Wald, das Weltall, entdecke ich im "Vollkommenen" oft sogleich die "Imperfektion".

Ein tiefer Atemzug in einem Wald, es raschelt, ein Eichhörnchen springt einen Baum hoch, "Frieden liegt in der Luft" – die Schöpfung ist wundervoll. Doch schaut man genauer hin, tötet die eiserne Kälte gerade Pflanzen und Bäume und ein Tier das andere – oder der Mangel an Nahrung gleich beide zusammen.

Es scheint geradezu von perfiden Fallen zu wimmeln.

Und, wenn es etwas gibt, dass ich weiss, ich meine, so richtig – ohne jeglichen Zweifel – dann, dass mir dieses "Konzept" nicht gefällt. Noch mehr, es erscheint mir nicht richtig.

Im Gespräch mit anderen höre ich auf dieses Grundgefühl in mir oft, dass es gerade diese "Gegensätze" (das Gefährliche im Harmlosen, das Tödliche im Schönen et cetera) seien, die das Leben "weiter brächten", Entwicklung überhaupt erst zuliessen.

Feuer kann Dich verbrennen, Anziehungskraft Dir die Knochen brechen, Wasser Dich ertränken, Druck Dich zerquetschen, Boshaftigkeit Dich verletzen und ein prächtiges Tier Dich fressen – oder Du ein prächtiges Tier. Doch, warum ist das so? Bringt uns dieses "Kräfteringen" tatsächlich weiter?

Auf eine gewisse Weise – könnte man meinen – ganz bestimmt. Denn, bist Du erst einmal vom Baum gefallen, gehst Du künftig vorsichtiger mit Höhen um, wurdest Du von jemandem verletzt, bist Du ein nächstes mal vorsichtiger im Umgang mit "Anderen".

Du wirst unschuldig geboren, lernst schmerzhaft sämtliche "Lektionen" des Lebens (zumindest kennen), beginnst für Dein "Überleben" zu kämpfen und verlierst dabei zwangsläufig allmählich Teile Deiner Unschuld. Wenn Du stark bist, bewahrst Du in Dir jene Qualität, welche hie und da – durch die Sehnsucht nach Liebe und Güte beschützt – einen Schimmer Vollkommenheit aufblitzen lässt.

All diese Dinge muss man aber nur deswegen "lernen", weil sie so sind, wie sie sind.

Sie liegen meiner Überzeugung nach aber einem fehlerhaften Konzept zugrunde. Denn, wäre das Grundkonstrukt des Lebens weicher, gütiger, "vollkommen", könnten alle und ein Jeder/eine Jede bloss in der unerschöpflichen Schönheit der Vollkommenheit schweben.

Auf derlei "Fantasien" erwidert man mir jedoch in Gesprächen immer wieder, dass die Welt dann still stehen würde, es keine Entwicklung mehr geben würde.

Und wieder, ich sehe das anders. Denn, macht man – mit egal was – ausschliesslich positive, erbauende Erfahrungen, lernt man schneller, einfacher und erfüllender, sein wahres Potential zu entfalten. Multipliziert kann das schlicht niemals im Stillstand münden. Ganz im Gegenteil. Die Entwicklung unseres Lebens wäre unvorstellbar gross!

Doch, was weiss ich schon von Potential. Gefangen in einer Welt, die mir schon im Grundsatz nicht gefällt. Nichts desto trotz liebe ich dieses Leben. Denn die exakt selbe Unschuld, die in mir "tobt", existiert in allem.

Niemand will sich weh tun, niemand verletzt werden. Absolut alles sehnt sich nach Glück und Vollkommenheit. Es ist wirklich bloss ein Fehler im Konzept. Nichts mehr, als ein Bug, der korrigiert werden möchte.

2014-01-19 (amadeus)